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Bemerkenswerte Kunstversicherungsfälle der jüngsten Vergangenheit

Mit gleich zwei spektakulären Kunstdiebstählen in der jüngeren Vergangenheit erschüttert eine kriminelle Großfamilie nicht nur die Kunstszene.

In der Nacht auf den 27. März 2017 dringen die Täter fast mühelos in das Berliner Bode-Museum ein und entwenden dort eine der limitierten Big Maple Leaf. Die 100 kg schwere Goldmünze mit einem Nennwert von 100 Millionen kanadischen Dollar und einem Goldwert von rund 3,4 Millionen Euro befand sich in Privatbesitz und war bereits seit 2010 als Leihgabe im Bode-Museum zu sehen.

Für das Fenster der Personalumkleide verfügt das Museum, ebenso wie für die restliche Gebäudehülle neben einer Glasbruchüberwachung auch über eine Öffnungsüberwachung, die dafür sorgt, dass jede Öffnung eines Fensterflügels ein Warnsignal in der Überwachungszentrale des Museums auslöst. Vermutlich im Jahr 2013 kam es zu einem Defekt des Fensters der Personalumkleide, der dafür sorgte, dass die Öffnungssicherung permanent ein offenes Fenster suggerierte. Um zu vermeiden, dass durch diese Fehlermeldung auch die Öffnungssicherung der restlichen Räume beeinträchtigt wird, entschied sich das Museum den Raum aus der Sicherungsüberwachung herauszunehmen. Die Reparatur des Fensters erfolgte nicht, was die Täter neben einem Helfer unter den Wachleuten nutzten, um nahezu gewaltfrei in das Gebäude einzudringen, mittels Axt die Vitrine der Münze einzuschlagen und diese per Schubkarre aus dem Museum zu befördern. Der Verbleib der Münze ist ungewiss, jedoch ist davon auszugehen, dass sie zerteilt und eingeschmolzen wurde.

Dreistigkeit und Risikobereitschaft ganz besonderer Güte

Ein Einbruch unter den Augen der Großstadt Berlin, in ein Museum, welches als Teil des Bauensembles der Museumsinsel zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört – bis dahin undenkbar. „Dreistigkeit und Risikobereitschaft ganz besonderer Güte“ so eine Richterin im Strafverfahren gegen die Täter.

Ein Glück bestand eine Kunstversicherung für die Big Maple Leaf mit einer Versicherungssumme von 4,2 Mio. Euro - mag man zumindest annehmen.

Übernimmt der Versicherer ein Risiko, kann er dieses nur zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses betrachten und bewerten. Eine nachträglich eintretende negative Risikoveränderung, ohne die Möglichkeit den laufenden Vertrag anzupassen, würde ihn benachteiligen. Das Versicherungsvertragsgesetz regelt daher den Umgang mit sogenannten Gefahrerhöhungen. Gefahrerhöhungen können freiwillig, aber auch unfreiwillig eintreten, etwa wenn in direkter Nachbarschaft unabhängig vom Willen des Versicherungsnehmers ein Treibstofflager gebaut wird. Dabei ist nicht jede Erhöhung einer Gefahr auch eine Gefahrerhöhung im Sinne des Gesetzgebers. Denn zum einen muss es sich um eine dauerhafte Veränderung des Risikos handeln, zum anderen gibt es Versicherungssparten, bei denen das wachsende Risiko zum Absicherungszweck gehört, wie der Krankenversicherung.

Drastische Folgen bei Verlust des Versicherungsschutzes

Im Falle des Bode-Museums lag eine unfreiwillige Gefahrerhöhung vor, denn auch wenn die Öffnungssicherung bewusst abgeschaltet wurde, funktionierte sie schon aufgrund des Defekts am Fenster nicht mehr. Die Schutzwirkung hatte sich also unabhängig vom Willen des Versicherungsnehmers nachteilig verändert. Diese Gefahrerhöhung hätte der Versicherungsnehmer dem Versicherer unverzüglich anzeigen müssen. Aber weder erfolgte diese Mitteilung, noch wurde die Gefahrerhöhung beseitigt. Die Folge kann mit dem vollständigen oder teilweisen Verlust des Versicherungsschutzes drastisch ausfallen und so muss auch der Besitzer der Big Maple Leaf mit lediglich 50% Entschädigungsleistung leben.

Am frühen Morgen des 25. November 2019 überwanden zu diesem Zeitpunkt unbekannte Täter eine über zwei Meter hohe Mauer, die das Dresdner Schloss umgibt. Sie verschafften sich mittels eines hydraulischen Hebel- und Schneidewerkzeugs Zutritt zum Schloss und zerschlagen nur Sekunden später im Juwelenzimmer des historischen Grünen Gewölbes mit massiver Krafteinwirkung das Sicherheitsglas einer Vitrine. Noch vor dem Eintreffen des ersten Streifenwagens flüchteten sie mit dem gestohlenem Juwelenschmuck, bestehend aus 4.300 Diamanten und Brillanten und einem geschätzten Versicherungswert von rund 114 Millionen Euro in einem bereitstehenden Fluchtfahrzeug. Was sich anhört wie der Beginn eines Hollywoodfilms, ist blanke Realität und die Tat von Mitgliedern derselben Familie.

Nach Ermittlung der Täter gaben diese, als Teil eines Deals zur Strafmilderung, einen Großteil des Stehlguts zurück. Mitunter jedoch unvollständig und beschädigt, so dass neben den verlorenen Juwelen auch Schäden in Millionenhöhe zurückbleiben.

Im Gegensatz zur Big Maple Leaf bestand für die Juwelen kein Versicherungsschutz. Abgesehen davon, dass es für diesen historischen Schatz keinen adäquaten ideellen Ersatz geben kann, hätte der Versicherungsnehmer zumindest eine Entschädigung erhalten. Für Teilschäden durch Finanzierung einer Restauration, für die verlorenen und vollständig zerstörten Stücke als monetären Ausgleich.

IHRE EXPERTEN FÜR KUNSTVERSICHERUNGEN
Vor allem mit unserem Tochterunternehmen in Berlin, der ARTUS BERLIN Versicherungsmakler GmbH, haben wir uns auf Kunstversicherungen spezialisiert. Wir bieten leistungsstarke und hoch spezialisierte Vertragskonzepte und regelmäßigen Risikobesichtigungen durch unsere Kunstversicherungsexperten. Gleichzeitig profitieren unsere Kunden von der Expertise von Kooperationspartnern und Kunsthistorikern und der kundigen Unterstützung im Schadenfall. Wir sind auch für Sie da, wenn es darum geht, versicherungsrechtliche Fallstricke zu vermeiden. Unsere Expertin für Fine Art, Jennifer Donath, war im Februar mit einem fachkundigen Beitrag in der ASSCompact zum Thema Kunstversicherung vertreten. Schauen Sie doch mal rein.

/ Kunstversicherung /
VERÖFFENTLICHT
28.03.2023
DIESER FACHBEITRAG WURDE VERFASST VON
/ Dominik Nawe /
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