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Lieferkettengesetz: Unternehmerische Verantwortung übernehmen

Seit dem 1. Januar 2023 ist das viel diskutierte Lieferkettengesetz, das "Gesetz für die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten" in Kraft getreten. Unsere Experten Stefan Luderich und Matthias Minet erklären, worauf es ankommt und welche Auswirkungen im Bereich der D&O- und Strafrechtschutzversicherung zu erwarten sind. 

Was ist das Ziel des Lieferkettengesetzes?

Stefan Luderich: Das Gesetz regelt die unternehmerische Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten in den globalen Lieferketten. Hierzu gehören beispielsweise das Verbot von Zwangsarbeit, die Eindämmung von Kinderarbeit, das Recht auf faire Löhne sowie der Schutz der Umwelt in Bezug auf den Gesundheitsschutz der Menschen. Aufgrund der starken Verflechtung deutscher Unternehmen in globale Beschaffungs- und Absatzmärkte kommt den deutschen Unternehmen nach Ansicht des Gesetzgebers eine besondere Verantwortung zu, die Einhaltung der Schutzrechte bei ihren Lieferanten zu überwachen und Missbrauch zu begegnen.

Für welche Unternehmen gilt das neue Lieferkettengesetz?

S.L.: Das Gesetz gilt seit dem 01.01.2023 zunächst für Unternehmen mit mindestens 3.000, ab dem 01.01.2024 für Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmern, die ihren Sitz in Deutschland haben. Es gilt auch für Niederlassungen ausländischer Unternehmen in Deutschland, die die genannten Schwellenwerte überschreiten.

Welche Auswirkungen sehen Sie für unsere Kunden?

Matthias Minet: Das Lieferkettengesetz erlegt den Unternehmen verschiedene Sorgfaltspflichten auf, unter anderem die Einrichtung eines Risikomanagements oder die Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen. Zur Einhaltung des Gesetzes müssen betroffene Unternehmen vor allem einen erheblichen organisatorischen Aufwand betreiben, der sich auch kostenseitig widerspiegeln wird. Als besonders herausfordernd ist sicherlich die Umsetzung der Regelung, die Sorgfaltspflichten auch bei mittelbaren Zulieferern durchzusetzen.

Sieht das Gesetz Sanktionen vor, falls Unternehmen gegen die neuen Richtlinien verstoßen und wenn ja, welche?

S.L.: Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) wurde durch den Gesetzgeber mit den Befugnissen ausgestattet, die Einhaltung des Lieferkettengesetzes durchzusetzen. So kann das BAFA die Einhaltung der Sorgfaltspflichten durch Kontrollen überprüfen und Unternehmen konkrete Maßnahmen zur Beseitigung von erkannten Missständen aufgeben. Bei Verletzungen der Sorgfaltspflichten können Zwangsgelder und Geldbußen auferlegt werden. Zudem können betroffene Unternehmen bis zu drei Jahre lang bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden.

Das Lieferkettengesetz enthält keine zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen. Allein die Verletzung einer Sorgfaltspflicht begründet also keine Schadensersatzforderung durch Dritte. Dennoch schafft das prozessuale  Erleichterungen für Betroffene. So können diese, wenn sie sich in einer durch das Lieferkettengesetz geschützten Rechtsposition verletzt sehen, NGOs oder Gewerkschaften ermächtigen, Klageverfahren in ihrem Namen gegen die Unternehmen zu führen. Sollte die Rechtsprechung das Lieferkettengesetz als Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB qualifizieren, könnten Betroffene das Unternehmen auch direkt auf Schadenersatz in Anspruch nehmen.

Sind aufgrund des Lieferkettengesetzes Auswirkungen auf den Versicherungsschutz unserer Kunden bei der D&O-Versicherung zu erwarten? Wenn ja, wie können diesen Auswirkungen begegnet werden?

S.L.: Grundsätzlich unterliegen insbesondere Geschäftsführer und Vorstände von Unternehmen einer Haftung aus der Verletzung ihrer Organisations- und Überwachungspflichten. Daher könnte ein Vermögensschaden der Gesellschaft grundsätzlich zu einer Inanspruchnahme führen. Die ARTUS-Konzepte bieten hierfür Versicherungsschutz. Gegen das Unternehmen verhängte Bußgelder sind nicht Gegenstand der D&O-Versicherung. Denkbar ist jedoch auch für diesen Fall der Regress gegen das Organ wegen nicht erfolgter Umsetzung der Pflichten. Ob das möglich ist, ist in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt. Die Abwehrkosten des Organs wären allerdings bereits jetzt über die ARTUS-D&O- Konzepte versichert. Ob die Erweiterung des Pflichtenkatalogs und die mögliche Inanspruchnahme in der D&O-Versicherung dazu führt, dass die Versicherer durch Prämienzuschläge, besondere Bedingungen oder gar Ausschlüsse reagieren, bleibt abzuwarten. Die ARTUS GRUPPE wird die Entwicklung weiter intensiv beobachten.

Wie können sich Unternehmen bzw. Unternehmensverantwortliche noch bezüglich des Lieferkettengesetzes absichern?

M.M.: Verstöße gegen das Lieferkettengesetz werden im Rahmen eines Bußgeldverfahrens,d.h. ordnungswidrigkeitenrechtlich geahndet. Die Verteidigung gegen den Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit lässt sich durch die ARTUS-Spezial-Strafrechtsschutzversicherung abdecken. Als sogenannte „Kostenversicherung“ ersetzt diese den Versicherungsnehmern entstehende Rechtsverfolgungs-, insbesondere Anwaltskosten. Die ARTUS-Spezial-Strafrechtsschutzversicherung deckt die „angemessenen“ Rechtsanwaltskosten ab, was bedeutet, dass auch höhere Stundensätze im Rahmen von Honorarvereinbarungen versichert sind. In unseren ARTUS-Konzepten sind Bußgeldverfahren nach dem Lieferkettengesetz vom Versicherungsschutz umfasst. Reaktionen der Versicherer im Sinne von Prämienzuschlägen oder Ausschlüssen sind derzeit nicht zu erwarten.

/ D&O / Management-Haftpflicht /
VERÖFFENTLICHT
28.03.2023
DIESER FACHBEITRAG WURDE VERFASST VON
/ Stefan Luderich /
/ Matthias Minet /
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