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Spediteure als Versicherungsvermittler

/ EuGH-Urteil mit weitreichenden Folgen

Transportversicherung

Spediteure als Versicherungsvermittler

Spediteure organisieren nicht nur den Transport von Gütern, sondern besorgen auch zusätzlich eine Warentransportversicherung. Dazu sind sie laut HGB verpflichtet (§ 454 Abs. 2 HGB und Ziff. 21.1, 21.2 ADSp 2017). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit seiner Entscheidung vom 29.09.2022 (C.633/20) geurteilt, dass Spediteure, die ihren Kunden zusätzlich zu ihrer Dienstleistung eine Versicherung besorgen, unter bestimmten Gesichtspunkten als Versicherungsvermittler anzusehen sind.

Bei dieser Entscheidung handelt es sich ausdrücklich nicht um neues Recht, sondern um die Auslegung bereits geltenden Rechts. Eine Umsetzungsfrist gibt es deshalb auch nicht. Aufgrund der weitreichenden rechtlichen sowie regulatorischen Konsequenzen besteht sowohl für Sie als Spediteur/Umzugsunternehmer als auch für uns und für den Versicherer dringender Handlungsbedarf.

Wenn sich Spediteure für ihre Kunden um eine Versicherung kümmern, sind sie selbst Versicherungsnehmer während der Wareninteressent Versicherter ist, z.B. im Rahmen einer ARTUS Spediteur-Transport-Generalpolice (STG). Das Speditionsunternehmen versichert also das Wareninteresse seiner Auftraggeber gegen zusätzlichen Beitrag in einer „Gruppenversicherung“. Er wird dafür von seinem Kunden vergütet und dieser ist infolgedessen berechtigt, die Versicherungsleistungen gegenüber dem Versicherungsunternehmen in Anspruch zu nehmen. Möglicherweise erhielten Spediteure aufgrund dieses Sachverhaltes einen Rabatt bei der Besorgung einer Warentransportversicherung.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat jedoch entschieden, dass eine Vergütung an den Versicherungsnehmer bei echten Gruppenversicherungsverträgen nur dann ausgezahlt werden darf, wenn dieser auch die rechtlichen Voraussetzungen zur Vermittlung von Versicherungsschutz erfüllt. Wird keine Vergütung gewährt, so ist der Spediteur/Umzugsunternehmer auch nicht als Versicherungsvermittler zu behandeln.

Mit der am 03.07.2023 veröffentlichten, gemeinsamen Aufsichtsmitteilung der DIHK/IHK-Organisation und der BaFin wurde klargestellt, dass es sich bei Spediteur-Transport-Generalpolicen tatsächlich um eine Gruppenversicherung im Sinne des EuGH-Urteils handelt. Erhält der Spediteur/Umzugsunternehmer also einen Speditionsrabatt, hat dies laut Aufsichtsmitteilung erhebliche Konsequenzen.

Maßgeblich für die Einordnung als Versicherungsvermittler sind demnach folgende Faktoren, die kumulativ vorliegen müssen

  • Entgeltlichkeit
  • Beitritt zur Gruppenversicherung ist freiwillig und
  • eigener Anspruch der Versicherten gegen den Versicherer.

Entfällt eines der Kriterien, liegt entsprechend der Aufsichtsmitteilung keine Versicherungsvermittlung vor. Welche Lösungswege sich daraus ergeben, wird im Folgenden noch deutlich. Zunächst ist Einordnung eindeutig: Spediteure sind regelmäßig Versicherungsvermittler. Die Entgeltlichkeit liegt im Einbehalt des Spediteurrabatts vor. Ein Warenversender darf außerdem freiwillig entscheiden, ob er den Versicherungsschutz möchte und hat im Leistungsfall einen Direktanspruch gegen den Versicherer.

Daraus ergeben sich weitreichende Auswirkungen, die in folgenden möglichen Lösungsansätzen nach § 34d GewO münden:

1. Genehmigung als Versicherungsvermittler durch die zuständige IHK

Möchte man die bisherige Vorgehensweise inklusive Rabattierung beibehalten, muss die Erlaubnis und Registrierung als Versicherungsvermittler bei der zuständigen IHK beantragt werden. Wird hingegen die Tätigkeit als Versicherungsvermittler ohne Erlaubnis ausgeübt, kann die Fortsetzung des Betriebes gemäß § 15 Absatz 2 GewO untersagt werden und stellt die Tätigkeit zudem eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit nach § 144 Absatz 1Nr. 1lit. KGewO dar.

Die Versicherer sind gemäß § 48 VAG verpflichtet, nur mit solchen gewerbsmäßig tätigen Versicherungsvermittlern zusammenzuarbeiten, die im Besitz einer Erlaubnis sind, von der Erlaubnispflicht befreit sind oder nicht der Erlaubnispflicht unterliegen. Dies haben Versicherer zu prüfen und Nachweise einzufordern.

2. Befreiung von der Erlaubnispflicht als sogenannter produktakzessorischer Versicherungsvermittler

Die Erlaubnisbefreiung bei produktakzessorischen Vermittlern kommt insbesondere für Spediteure mit höherem Prämienvolumen in der Transportversicherung in Frage und erfolgt durch schriftlichen Antrag unter diesen Bedingungen:

  • Die Vermittlung von Versicherungen dient als Ergänzung der im Rahmen der jeweiligen Haupttätigkeit gelieferten Waren oder erbrachten Dienstleistungen (=Akzessorietät). Dies ist recht einfach zu erfüllen und durch die Geschäftstätigkeit eines Spediteurs gegeben.
     
  • Die Versicherungsvermittlung erfolgt unmittelbar im Auftrag eines oder mehrerer Versicherungsvermittler mit Erlaubnis nach § 34d Abs.1 GewO oder eines oder mehrerer Versicherungsunternehmen.
     
  • Schriftliche Erklärung des Spediteurs, dass er zuverlässig ist, nicht in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebt und über eine angemessene Qualifikation im Bereich Versicherungsvermittlung verfügt. Was hierbei als angemessen ausgelegt wird, muss die Praxis zeigen. Seit Jahrzehnten haben Spediteure zu ihrer eigenen Dienstleistung Versicherungen angeboten. Wird dies als hinreichende Qualifikation anerkannt, sollte die eigene Erklärung im Antragsformular genügen. Möglich ist auch, z.B. über entsprechende Webinare der Versicherer die Qualifikation zu dokumentieren. In jedem Fall ist jedoch kein klassischer Sachkundenachweis (etwa einer IHK) notwendig.
     
  • Nachweis einer geeigneten Berufshaftpflichtversicherung. Die hier gemeinte Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherung ist für Spediteure bislang nicht gängig, sondern wäre neu abzuschließen, stellt jedoch keine große Hürde dar und ist kostentechnisch überschaubar.

3. Verzicht auf den Spediteurrabatt (Merkmal der Vergütung nicht erfüllt)

Diesen Weg favorisieren derzeit die Versicherer. Damit Sie weiterhin Ihren Kunden den gewohnten Versicherungsschutz anbieten können und die Police rechtlich sicher ist, wird rückwirkend per 01.01.2024 auf Erstattung eines Spediteurrabattes verzichtet.

Der bislang gewährte Speditionsrabatt kann selbstverständlich weiterhin bestehen bleiben, wenn der Nachweis über die Eintragung als Vermittler oder der Nachweis über die Erfüllung der Voraussetzungen des § 34d Abs. 6 GewO vorgelegt wird.

In der Praxis ist für Kunden mit überschaubarem Prämienvolumen dieser Weg zu favorisieren, da die Rabattierung keine entscheidenden Kostenvorteile bringt.

Bei allen Fragen rund um den Schutz von Güter- und Warenströmen stehen Ihnen die ARTUS Experten gerne zur Verfügung. Unsere ARTUS Spediteur-Transport-Generalpolice (STG) bietet handfeste Vorteile. Lassen Sie sich beraten!

Spediteure als Versicherungsvermittler
Andreas Fritschle
Leiter Logistik
ARTUS Friedrich Ganz